Blindflug (Roman)

In nicht allzu ferner Zukunft wird die Erde von einem Energiestoß getroffen und gleichzeitig von einem Netz aus Drohnen überzogen. Man bemerkt, dass man gescannt wird, und die Quelle des Signals wird weit entfernt in der Ortschen Wolke lokalisiert. Es kommt jedoch zu keiner Kontaktaufnahme und auch sonst sind keine Absichten des Signalgebers erkennbar. Also macht sich ein Erkundungsschiff auf den langen Weg, um den Ursprung des Signals zu erforschen. Die Besatzung besteht aus Siri Keeton, der dem Leser die Geschichte erzählt. Siri ist ein „Synthesist“, dem aus medizinischen Gründen ein Teil seines Gehirns entfernt wurde, wodurch er analytischer denken kann. Dann gibt es noch Isaac Szpindel, einen kybernetisch verbesserten Biologen, Amanda Bates, eine Militärspezialistin mit implantierter Drohnentechnologie, Susan James, eine Linguistin mit multipler Persönlichkeit und Jukka Sarasti, den mysteriösen und beunruhigenden Kommandanten des Schiffes – ein genetisch wiederbelebter Vampir mit übermenschlicher Intelligenz an Bord. Was sie dort draußen vorfinden, ist eine fremde Spezies, die so anders ist, dass sie unsere grundlegenden Vorstellungen von Bewusstsein und Intelligenz in Frage stellt.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Siri Keeton erzählt, dessen Aufgabe es ist, komplexe wissenschaftliche und gesellschaftliche Vorgänge in eine für Menschen auf der Erde verständliche Form zu übersetzen. Das Problem: Siri ist selbst emotional distanziert, weil ihm ein Teil seines Gehirns entfernt wurde. Er selbst gibt zu, dass er die Dinge, die er analysiert, nicht wirklich versteht. Das macht ihn zu einem unzuverlässigen Erzähler, was die Wahrnehmung der Ereignisse stark beeinflusst. Auch die anderen Crewmitglieder sind auf ihre Weise extrem, fast schon experimentelle Archetypen, die die Grenzen zwischen Mensch, Maschine und etwas ganz anderem ausloten. Was als wissenschaftliche Mission mit vorsichtiger Neugier begann, entwickelt sich zu einem Kampf, dessen Regeln die Crew nie wirklich verstanden hat. Ist die Realität nichts weiter als eine Illusion, die durch die Verknüpfung von Synapsen bestimmt wird und beliebig manipuliert werden kann? Kann man etwas wirklich Fremdes erkennen, wenn alle Denkwerkzeuge evolutionär auf menschliche Verhältnisse zugeschnitten sind? Braucht Intelligenz ein Bewusstsein?

Blindflug ist keine klassische Erstkontaktgeschichte, sondern ein zutiefst emotionaler, bisweilen verstörender und intellektuell herausfordernder Roman. Peter Watts wirft viele Fragen auf, die nicht eindeutig beantwortet werden. Vieles bleibt der Interpretation des Lesers überlassen. Die wissenschaftliche Sprache, die Watts verwendet, mag den einen oder anderen Leser im Detail überfordern, aber insgesamt fand ich den Roman sehr flüssig geschrieben.

Fazit: Ein wirklich außergewöhnlicher und sehr guter Roman. Sehr empfehlenswert.

Dieses Buch habe ich im Rahmen einer Lesechallenge gelesen und rezensiert. In dieser Kategorie ging es darum, ein Buch zu lesen, dessen Handlung auf einem Raumschiff spielt.

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